Road to Glasgow: Schefold/Hanselmann - «In Glasgow sind wir besonders motiviert»
Frankfurt (rad-net) - In drei Wochen beginnen in Glasgow die Super-Weltmeisterschaften. Erstmals in der Geschichte des Radsports werden - bis auf Querfeldein - alle Weltmeistertitel an einem Ort vergeben. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hat in vielen Disziplinen große Medaillenchancen, vor allem auch im Hallenradsport. Dort peilen die Zweier-Kunstfahrer Max Hanselmann und Serafin Schefold einen weiteren WM-Titel an. Dafür müssen sie am kommenden Wochenende noch einmal Punkte sammeln bei den German Masters, wo es um die WM-Qualifikation geht.
Noch haben sie ihr WM-Ticket nicht in der Tasche, aber Serafin Schefold und Max Hanselmann sind auf einem guten Weg, im August in Glasgow ihren sechsten WM-Titel im 2er der Offenen Klasse zu gewinnen. Seit ihrem ersten WM-Erfolg im Jahr 2017 ist das Duo vom RV Hohenlohe Öhringen ungeschlagen. Und trotzdem müssen sie vor ihrem nächsten möglichen Titel erst mal die Qualifikation schaffen. Denn anders als beispielsweise auf der Bahn oder Straße sind Titelverteidiger nicht automatisch gesetzt, sondern müssen sich auf nationaler Ebene erst beweisen.
Bei den German Masters Anfang Juli in Langenselbold konnten sie ihren Punktestand noch einmal erhöhen, aber insgesamt stehen sieben Qualifikations-Wettkämpfe an. Da ist es noch ein hartes Stück Arbeit, bis Schefold/Hanselmann in den Flieger nach Glasgow steigen können.
Beide kennen sich seit Kindesbeinen, weil sie im gleichen Verein ihre ersten Übungen auf dem Kunstrad erlernten. Zunächst im 1er Kunstfahren, seit Oktober 2008 als 2er-Paar. «Man muss früh anfangen, später wird es schwierig, Grundlagen zu setzen, denn es ist eine sehr technische Sportart», weiß Serafin Schefold. Jürgen Wieland und Roland Schefold, Vater von Serafin, haben beide zu Beginn der Karriere als Trainer begleitet.
Nach vielen Jahren zu Hause in Öhringen, das zwischen Heilbronn und Nürnberg liegt, zog es sie vor einigen Jahren beruflich in die Pfalz beziehungsweise nach Baden. Schefold absolviert gerade sein Masterstudium zum Wirtschaftsingenieur an der Universität Mannheim; Hanselmann ist Werkzeugschleifer, lebt in Hassloch. Trainiert wird dreimal die Woche in der Halle von Böhl-Iggelheim unter den wachsamen Augen von Trainerin Andrea Weber.
Im 2er Kunstfahren ist normalerweise der schwerere und größere Partner der Untermann. Bei Schefold/Hanselmann ist das umgekehrt, was daran liegt, dass die früheren Berechnungen und Vorhersagen doch nicht stimmten. Mit zehn Jahren wurden beide in Tübingen untersucht. Anhand der Größe der Eltern und weiteren Parametern sollten Größe und Gewicht als Erwachsener berechnet werden. «Aber die Prognosen gingen nicht auf», erzählt Schefold, der als kleinerer Fahrer trotzdem der Untermann blieb. «Wir haben später mal versucht umzustellen, aber das hat nicht funktioniert.» Darum seien Übungen mit hohen Belastungen für den Untermann nicht ihre Stärke.
Dafür können sie anderes besser als die Konkurrenz. Den Mautesprung beispielsweise. Er ist schon im 1er Kunstfahren eine Übung mit sehr hohem Schwierigkeitsgrad, im 2er noch mal so schwer, denn dort muss er bei beiden sitzen. «Es gibt in der ganzen Welt nur zwei Paare, die ihn in ihrer Kür eingebaut haben. Außer uns kann das nur noch ein Paar aus Hongkong», berichtet Schefold stolz. «Es ist unsere schwierigste Übung, aber wir zeigen sie seit Jahren.»
Um im 2er Kunstfahren erfolgreich zu sein, muss man sich sehr gut verstehen, sich blind vertrauen. Jede Übung muss sitzen, da darf man nicht am Partner zweifeln. «Wir verstehen uns super, sind auch privat befreundet», sagt Schefold, der ein Jahr älter ist als sein Partner Hanselmann. Die 2er-Kunstfahrer gehen sehr strukturiert an ihrer Kür, zeigen stets viel Stabilität, können gut mit Druck umgehen. Das ist sicher ein Schlüssel zu ihrem Erfolg.
Lange Jahre waren die Mainzer Brüder Bugner ihre Lieblingsgegner. «Sie waren uns immer voraus, immer besser als wir, das hat uns gepuscht», erinnert sich Schefold und erzählt vom ersten WM-Sieg 2017 in Dornbirn in Österreich. «Da haben wir sie völlig unerwartet geschlagen. Das war für uns ein großer Moment, auch weil es unser erster WM-Titel war.»
In drei Wochen wollen sie ihr sechstes Gold gewinnen und hoffen, dass das öffentliche Interesse an ihrer Randsportart in Glasgow größer sein wird, als sonst. Schließlich schaut die ganze Radsport-Welt dann nach Schottland. «Als Weltmeister will man seinen Titel verteidigen, und in Glasgow sind wir besonders motiviert.»