Kunstradsportler halten sich mit Trockenübungen fit
Forchheim (rad-net) - Während beispielsweise die Straßenradsportler aufgrund der Corona-Krise um ihre Saison bangen, haben die Hallenradsportler ihren olympischen Sportkollegen etwas voraus. Derzeit beeinträchtigt die Pandemie und ihre Auswirkungen die Kunstradsportler und Radballer noch nicht sehr, die Annäherung an die Saison der Elite im Herbst aber gestaltet sich dennoch schwierig genug.
Der dreifache Weltmeister im 1er Kunstfahren, Lukas Kohl, bringt es auf den Punkt, in dem er Handstände auf der Terrasse mit dem Text postet: «Wenn die Welt in solch herausfordernden Zeiten auf dem Kopf steht, muss man es ihr gleichtun, um nicht verrückt zu werden.»
Kunstrad-Bundestrainer Dieter Maute lässt seine Schützlinge auch nicht im Stich. Schnell erarbeitete er ein Heimtrainings-Programm und verschickte dieses als Rund-Mail - adressiert an die Top-Athleten bis runter zum Sichtungskader der Nachwuchsathleten. Jeweils circa anderthalb Stunden umfasst eine Einheit. Das funktioniert in Video-Chat-Gruppen. Man ist nicht alleine - und der Coach bekommt so einen Einblick.
Serafin Schefold und Max Hanselmann, die Weltmeister im 2er Kunstfahren der Offenen Klasse, erhielten auch «Post» von Maute. «Damit versuchen wir aktuell zuhause - jeder für sich - uns mit Kraft, Ausdauer- und Handstandtraining fit zu halten. Optimal wäre es, wenn man es schafft, sich so körperlich auf Top-Niveau zu bringen und damit sogar fitter ist, als man es vorher war.» Die beiden Radartisten kennen das Trockentraining auch aus Zeiten von Verletzungen - und kamen schnell wieder zurück.
Das ist auch die Überzeugung von Dieter Maute. «Man kann Einzelübungen oder das gesamte Programm in Gedanken fahren. Sich aus der Innenperspektive die Bewegungen vorstellen.» Mit dem mental gestützten Techniktraining - dem ideomotorischen Training - lassen sich auch Reize an die Muskeln aussenden - ein bisschen wie bei der normalen Kür. Der Diplom-Sportlehrer, in seiner aktiven Zeit fünfmal Weltmeister, hat dieses System selbst mehrfach in gesundheitlichen Auszeiten optimiert. «Daraus ergeben sich Chancen, komplizierte Bewegungsabläufe ohne Radtraining zu erhalten, ja sogar eventuell zu optimieren - da die Steuerungsreize der Bewegung minimal fließen.» Alle Übungen, auch die kompliziertesten, lassen sich so erhalten oder sogar «wirklich perfektionieren».
Denn Alternativen fehlen völlig. Maute kennt keinen Sportler, der in irgendeiner Halle sein Arbeitsgerät nutzen kann. «Leider geht das auch nicht im Freien, auf einem Parkplatz zum Beispiel. Das Verletzungsrisiko ist zu groß, die Räder könnten Schaden nehmen. Also bringt es auf dem harten Teer gar nichts. Und jene Übungen, die dort möglich wären, bringen uns kaum weiter.»
Prekär ist aber die Situation für den Hallenradsport-Nachwuchs. Die im Mai angesetzten Europameisterschaften sind mehr als fraglich. Ob der zweite Weltcup für die Elite-Kunstradsportler Ende Juni in der Slowakei stattfinden kann, steht auch in den Sternen. Die «heiße» Saison mit den WM-Qualifikationen beginnt allerdings erst im Spätsommer, das Highlight sind die Weltmeisterschaften Ende November in Stuttgart. Dann in einer - hoffentlich - proppenvollen Porsche-Arena, obgleich man sich solche Szenen im Moment nur schwer vorstellen kann.
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