Kunstradsport: Bundestrainer Maute muss Abgänge kompensieren - Neues Konzept für Schulen
Albstadt (rad-net) - Zuletzt war Bundestrainer Dieter Maute in Sachen Kunstrad mal fast privat unterwegs. Um unter anderem Sohnemann Max bei den Junioren-Masters zu coachen. Und der 15-Jährige machte als Viertplatzierter seine Sache schon recht gut.
Kaum zurück im regionalen Spitzenzentrum auf der Zollernalb, tangieren den Schwaben sofort die - alltäglichen - Probleme der Kader-Athleten, gespickt mit Sponsoren-Gesprächen, Aktionen der Kampagne «Indoor Cycling goes Olympia». «Im Moment läuft alles zusammen», stöhnt er. Denn einmal mehr gilt es, sportliche Abgänge zu kompensieren.
Den achtmaligen Weltmeister David Schnabel zu ersetzen, was de facto sowieso nicht geht. Im Mixed beendeten die Geschwister Bassmann, Silbermedaillen-Gewinner bei der WM in Basel, ihre Karriere. Und die Junioren-Europameister Moritz Straub/Yannick Schlecht werden erst gar nicht in die Elite-Klasse aufsteigen.
In anderen Verbänden würden bei solchen Hiobsbotschaften die Alarmglocken läuten, beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR), Sparte Hallenrad, klagt man auf hohem Niveau. «Wir haben guten Nachwuchs», weiß Maute. Obgleich er zum Beispiel auf ein Manko bei den männlichen Kids verweist. Die Mädels sind deutlich in der Überzahl. Aber: am Ende, das heißt bei den Weltmeisterschaften im November in Brünn, wären alles andere als deutsche Doppelsiege eine Überraschung. Wie 2013 in Basel, 2012 in Aschaffenburg, 2011 in Japan …
«Das Argument unserer Überlegenheit kommt ständig», mag der Coach die Diskussion nicht mehr führen, dass sich die eigene Sportart «totsiegen» könnte. Der Blick über Verbandsgrenzen gibt ihm Recht. Die holländischen Schaatser (niederländisch für Eisschnellläufer) hatten ihre Konkurrenz bei Olympia in Sotschi deklassiert. Gleiches galt für die deutschen Rodler um Natalie Geisenberger und Felix Loch. Muss der FC Bayern München künftig mit neun Mann kicken? Und müssen die chinesischen Tischtennis-Virtuosen ohne Schläger an die Platte? Natürlich nicht.
«Das ist Leistungssport und zeigt: wenn man seinen Bereich richtig angeht, stellt sich der Erfolg ein.» Seit zehn Jahren würden internationale Rivalen am Stützpunkt Albstadt trainieren und sich dort Tipps holen. «Aber wenn sie es nicht umsetzen können …», so Maute. Aktuell tüftelt der 46-Jährige an einem Konzept, «Star Award» genannt, um an den Schulen Talentsichtung zu betreiben. «Zeige, was du drauf hast, lerne Tricks», lautet das Motto. Es gibt Medaillen und Urkunden wie bei den Großen - und kostenlose Schnupperkurse.
Bei der Elite winken sowieso Podiumsplätze. Trotz der Rücktritte. Bei den Männern «sind wir voll konkurrenzfähig», blickt Maute auf Vizeweltmeister Michael Niedermeier sowie dessen nationale Konkurrenten Moritz Herbst und Simon Puls. Die Frauen scharen sich um Corinna Hein, hinter der ein «gegenseitiges Hochpushen» für noch mehr Qualität sorgen könnte. Im 2er der Frauen steht ein Dreikampf der amtierenden Titelträger Jasmin Soika/Katharina Wurster gegen die fünfmaligen Weltmeisterinnen Katrin Schultheis/Sandra Sprinkmeier und die Thürmer-Schwestern Julia und Nadja bevor. Wer das WM-Ticket löst, bucht die Medaille quasi gleich mit.
Nur die Offene Klasse bereitet Sorgen. Hinter dem «Super-Paar» André und Benedikt Bugner erwartet Maute tatsächlich ausländische Teams auf Augenhöhe. Mit Hilfe eines speziellen Trainingsplanes und intensiven, regelmäßigen Kontakten versucht man, dass Paar Anja Seipp/Christian Schmidt auf internationales Niveau zu heben. Mehr als respektabel, in welcher Art die Kunstrad-Weltklasse ihren enormen Aufwand mit Ausbildung respektive Fulltime-Jobs vereinbaren kann. Wie das funktioniert, gleicht annähernd dem Geheimnis der Oranje-Kufenflitzer auf dem Eis.
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