Heim-WM ist für deutsche Radballer ein gutes Pflaster
Aschaffenburg (rad-net) - Für die Radball-WM sind bei der UCI Meldungen aus 13 Nationen eingegangen, die 14. Nation Slowakei musste leider verletzungsbedingt absagen. Neben der A-Gruppe mit sechs Nationen spielt nun eine B-Gruppe mit sieben Nationen nach dem Modus jeder gegen jeden. Der Letzte der A-Gruppe spielt ein Relegationsspiel gegen den Sieger der B-Gruppe um die Qualifikation zur A-Gruppe bei der nächsten WM in Basel. Der A-Gruppensieger hat eine Medaille sicher und steht in den Finalspielen. In der Zwischenrunde gibt es wieder K.o.-Spiele zwischen den Gruppenzweiten gegen den Fünften und den Gruppendritten gegen den Vierten. Die jeweiligen Sieger erreichen ebenfalls die Finalspiele.
Ein Blick auf die für die A-Gruppe gemeldeten Mannschaften zeigt, dass es in Aschaffenburg quasi eine Neuauflage der WM 2011 in Kagoshima in Japan geben wird. Österreich, die Schweiz, Tschechien, Frankreich und Belgien spielen mit den gleichen Mannschaften wie im Vorjahr, nur das Gastgeberland Deutschland hat einen echten Neuling am Start. Neben Marco Rossmann, der im Vorjahr WM-Dritter mit Roman Müller wurde, gibt nun «endlich» Jens Krichbaum seine WM-Premiere. Zusammen mit seinem Bruder Holger ist Jens sicherlich der Rekordreservist des Bund Deutscher Radfahrer (BDR), nun geht für ihn in Aschaffenburg ein zumindest in diesem Jahr fast schon nicht mehr erwarteter Traum in Erfüllung.
Erwartet wird, dass die Medaillen wieder unter Österreich, Deutschland und der Schweiz verteilt werden. Tschechien kann sich nicht mehr messen lassen an den großen Erfolgen zu Zeiten der legendären Rekordweltmeister Jan und Jindrich Pospisil aus Brünn. Die glorreiche Erfolgsära wird momentan noch repräsentiert durch die Landesmeister Petr Skotak und Pavel Smid aus Brünn, die Weltmeister des Jahres 2004. Die vergleichbaren Auftritte im UCI-Weltcup lassen darauf schließen, dass ihre Glanzzeit vorbei ist, jedoch für ein spezielles Spiel, wie zum Beispiel in der Zwischenrunde das K.o.-Spiel, muss immer mit ihnen gerechnet werden. Frankreich vertraut wieder Frederic Doell und Stephane Bauer aus Cronenburg, die WM-Fünften des Vorjahres. Diesen Platz, also die Vermeidung des Relegationsspiels, peilen sie auch in diesem Jahr wieder an. Belgien bleibt seiner Linie treu und vollzieht den Generationswandel. Nach dem Rückzug von Rik Deuvaert ist Belgiens Ausnahmespieler Christophe Baudu aus Gent mit aus dem Rennen und Niels Dirikx und Brecht Damen aus Beringen als junge hungrige Mannschaft wird nun das Vertrauen geschenkt. So knapp wie 2011 soll der Klassenerhalt nicht wieder erzittert werden.
Bei den Medaillenkandidaten ist alles möglich. Beim kürzlichen 3-Nationen-Cup in Höchst stellte sich der Titelverteidiger Österreich mit dem elfmaligen Medaillengewinner Dietmar Schneider und dem noch 18-jährigen Patrick Schnetzer als Tagesbester in so guter Form vor, dass man Österreich als WM-Favorit ansehen muss. Nun gilt es, den Titel, den sie in Japan holten, in der Frankenstolz-Arena zu beweisen. Die Jäger aus der Schweiz und aus Deutschland nehmen die Rolle des Angreifers gerne an. Die Schweizer Meister und Vize-Weltmeister Roman Schneider und Dominik Planzer aus Altdorf sind immer für herausragende Leistungen und Titel gut.
Die letzten Heim-WM-Turniere gingen unterdessen alle zugunsten von Deutschland aus: 2010 in Stuttgart gewannen Matthias König und Uwe Berner, 2006 in Chemnitz Thomas Abel und Christian Heß, 2005 in Freiburg die Gebrüder Mike und Steve Pfaffenberger, 2000 in Böblingen die Gebrüder Michael und Sandro Lomuscio, 1994 in Saarbrücken die Gebrüder Jürgen und Werner King, 1982 in Wiesbaden die Gebrüder Andreas und Thomas Steinmeier, nur 1988 in Ludwigshafen scheiterten Frank Müller und Manfred Geilert an den Gebrüdern Jan und Jindrich Pospisil aus Tschechien, die sich hier mit dem 20. (!) WM-Titel verabschiedeten.
Das sollte doch für Marco Rossmann und Jens Krichbaum ein gutes Omen sein. Es könnte jedoch ein Nachteil sein, dass die Partnerschaft noch nicht einmal ein Jahr besteht und solche Traumspiele wie das DM-Finale nicht jederzeit abgerufen werden können. Ferner müssen im Hexenkessel von Aschaffenburg die Nerven bewahrt werden, wenn es in taktischen Spielen eng zugeht. Vor zwei Jahren in Stuttgart haben das König/Berner vorbildlich geschafft, jetzt als Reserveteam können sie Wegweiser spielen.
In der B-Gruppe haben sich die Teams der Nationen Malaysia, Hongkong und Kanada mehrere Wochen in Europa aufgehalten und sich wie noch nie auf eine WM vorbereitet. Trotzdem wird die sportliche Lücke noch nicht geschlossen sein, um die erfolgreichste Nation der B-Gruppe Rumänien oder Japan zu gefährden. Die in Leimen beheimateten Oberligisten Mircea Tric und Dorian Doroftei für Rumänien und Japans Ex-A-Gruppenspieler Matsuda Ko und Kinoshita Naoya bleiben die Favoriten und hoffen auf den Aufstieg über die Relegation. WM-Routine bringt das Team aus Ungarn mit und dort darf man durchaus mit Rang drei, also ein Platz auf dem Gruppen-Treppchen liebäugeln. Für die Van Dyck-Brüder aus Holland weckt dieser WM-Start Erinnerungen an die tolle Atmosphäre von Stuttgart, als man das Getrampel der Holzschuhe von den Fans aus dem Baesweiler Raum bis auf die Spielfläche akustisch wahrnahm.